Während in Vorarlberg nach den Landtagswahlen Mitte Oktober die neue Koalition aus der konservativen ÖVP und Grünen bereits steht, haben auf Bundesebene in Österreich noch nicht einmal die Koalitionsverhandlungen begonnen.
Wahlsieger Sebastian Kurz, der Ex-Kanzler und Chef der ÖVP, lässt sich Zeit und sondiert. Seit zwei Wochen ausschließlich mit den Grünen, was die Vermutung bei Beobachtern verfestigt hat, dass es nun tatsächlich ein Bündnis zwischen den beiden Parteien geben könnte. Es wäre eine Premiere – auch wenn es in den Bundesländern Vorarlberg, Tirol und Salzburg bereits erfolgreiche Vorbilder gibt.
Es ist aber nicht nur eine Premiere, sondern schlicht auch Pragmatismus. Weder FPÖ noch SPÖ zeigten sich in den vergangenen Wochen als ernsthafte Regierungspartner. Zu beschäftigt sind beide Parteien mit sich selbst, allen voran die FPÖ, die sich nach Ibiza- und Spesenaffäre gebeutelt wie seit langem nicht mehr zeigt. Zuletzt hat ein neuer Skandal um ein Liederbuch mit antisemitischen und naziverharmlosenden Texten die Rechtspopulisten beschäftigt.
Für Sebastian Kurz bleibt also nur Grün als Farbe der Hoffnung. Wieviel Hoffnung tatsächlich besteht, darüber halten sich beide Parteien bedeckt. Es wurde Vertraulichkeit vereinbart, betonen Kurz und Grünen-Chef Werner Kogler seit Wochen. Inwieweit es zutrifft, dass die Gespräche bereits bis zur Ministeriumsaufteilung vorangeschritten sind (wie eine Boulevardzeitung behauptete), ist bislang unklar.
Warten bis zur Jahreswende?
Offiziell geht es so weiter: An diesem Freitag wird nun ein letztes Mal sondiert und dann soll es endlich an Koalitionsverhandlungen gehen. Die Grünen haben für Sonntag ihren erweiterten Bundesvorstand einberufen, der der Parteispitze seinen Segen geben muss.
Wenn dann alles durch ist, können die großen und kleinen Fragen endlich ernsthaft angegangen werden. Wer bekommt welches Ministerium, welche Themen sollen gesetzt werden, welchen Kurs einschlagen in EU- oder Klimafragen?
Gut möglich, heißt es aus Wien, dass erst Ende Dezember die neue Regierung steht. In österreichischen Zeitungsredaktionen stellen sich die Redakteure schon auf geduldiges Warten ein – und auf möglichst stornierbare Urlaube rund um Weihnachten.